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Hopp Schwiiz Kanada

Daniel Imhof über Kanadas Nationalteam von einst und an der WM in Katar

Bildnummer: 00831466 Datum: 01.06.2003 Copyright: imago/Bernd Müller
Daniel Imhof (vorn, Kanada) gegen Torsten Frings (Deutschland); dahinter Julian de Guzman (Kanada); Test, Vdig, Deutschland - Kanad ...
Daniel Imhof (rechts) wird gegen Deutschland von Thorsten Frings bedrängt.Bild: imago images
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Kanadas Ex-Natispieler Daniel Imhof: «In Guatemala war es wirklich nicht einfach»

Kanada hat sich erstmals seit 36 Jahren wieder für eine Fussball-WM qualifiziert. In der Zwischenzeit waren Erfolge rar gesät. FCSG-Legende Daniel Imhof erinnert sich trotzdem gerne an seine Zeit im kanadischen Nationalteam.
17.11.2022, 13:4517.11.2022, 14:59
Ralf Meile
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29, 35, 36, 37 – das Internet ist sich uneins über die exakte Anzahl Länderspiele, die Daniel Imhof für Kanada bestritten hat. «37 oder 39, so genau weiss ich das selber nicht», sagt der frühere Mittelfeldspieler in akzentfreiem Schweizerdeutsch.

Der 44-Jährige lief in den 2000er-Jahren für Kanada auf, als er knapp 250 Mal für den FC St.Gallen und 99 Mal für den VfL Bochum spielte. Heute lebt Imhof wieder in Smithers, einem 5000-Seelen-Dorf in der Provinz British Columbia. Dorthin wanderte die Ostschweizer Familie Imhof aus, noch ehe der kleine Daniel in die Schule ging.

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Im Bulkley Valley, rund zwölf Autostunden nördlich von Vancouver, ist Imhof zuhause.Bild: imago stock&people

Als Kanada 1986 zum bislang einzigen Mal an einer Fussball-WM teilnahm, ging das am Buben vorbei. «Ich wusste als Achtjähriger nichts davon», sagt Imhof. Umso grösser ist nun die Freude darüber, dass Kanada auch einmal im Konzert der Grossen mit dabei ist.

Daniel Imhof
Geboren am 22. November 1977 in Wil SG. – 1998/99 FC Wil, 1999 bis 2005 FC St.Gallen, 2005 bis 2009 VfL Bochum, 2010 bis 2012 FC St.Gallen. – 36 Länderspiele (Quelle: kanadischer Verband). – Schweizer Meister 2000, Aufstieg in die Super League 2012, Meister 2. Bundesliga 2006.

Nationalteam heute mit grösserem Stellenwert als einst

«Die Spieler und der Trainer glauben an sich und dass sie eine Überraschung schaffen können», hat Imhof festgestellt. «Aber es ist eine schwierige Gruppe. Realistisch ist wahrscheinlich, dass für Kanada vielleicht gegen Marokko etwas drin liegt. Gegen Belgien und Kroatien wird es jedoch sehr schwierig.»

An der Überzeugung und am Selbstvertrauen dürfte ein gelungener WM-Auftakt gegen Belgien nicht scheitern. Für Daniel Imhof sind diese Komponenten das grosse Plus. «Der Unterschied zu früher ist der Trainer. John Herdman hat dem Team den Glauben daran gegeben, jedes Spiel gewinnen zu können. Das Nationalteam hat für die heutigen Spieler auch einen ganz anderen Stellenwert. Das ist ein riesiger Verdienst des Trainers. In meinen Augen ist das der Grund dafür, dass die WM-Qualifikation gelang.»

«Wenn das Verlieren schon im Kopf ist, wird es schwierig»

Zu seiner Zeit sei dies noch ganz anders gewesen. Die Spieler seien im Wissen zum Nationalteam gereist, dass man wohl kaum eine Chance habe, zu gewinnen.

«Ich habe für viele Mannschaften gespielt und als ich mit St.Gallen Meister wurde, da hat uns auch niemand eine Chance gegeben. Aber die Mannschaft hat fest an sich geglaubt und wusste, dass selbst nach einem 0:3-Rückstand noch etwas zu holen ist.» Imhof meint wohl das legendäre 4:4 bei GC zum Auftakt der Finalrunde 1999/2000. Den FCSG verfolge er immer noch genau, regelmässigen Kontakt habe er vor allem mit Charles Amoah.

Gane Ionel, Nr.10, traegt Torhueter Joerg Stiel nach dem 2:0 Sieg im UEFA-Cup Spiel gegen Chelsea in Zuerich am Donnerstag, 28. September 2000, vom Platz. (KEYSTONE/Walter Bieri) ===ELECTRONIC IMAGE = ...
Sternstunde der Klubgeschichte: Die St.Galler (Ionel Gane trägt Goalie Jörg Stiel) werfen das grosse Chelsea aus dem UEFA-Cup.Bild: KEYSTONE

Dieser Glaube an die eigenen Fähigkeiten zeichne eine gute Mannschaft aus. «Und dann gibt es Teams, in denen das Vertrauen nicht da ist und du denkst: Bloss nicht verlieren. Doch wenn das Verlieren schon im Kopf ist, wird es schwierig.» Und so sei das eben zu seiner Zeit gewesen, weil Mexiko und die USA fast unbesiegbar waren im CONCACAF, dem Fussballverband von Nord- und Zentralamerika und der Karibik.

Fussball wie in der Sauna

Das habe sich ein wenig geändert und Kanada habe aufgeholt, sagt Imhof, der im Land einen zarten Aufschwung des Fussballs bemerkt. 2019 nahm eine Profiliga den Betrieb auf und 2026 ist das Land Co-Gastgeber der WM. «Kinderfussball ist sehr beliebt in Kanada, beim Übergang in den Profibereich hapert es noch», so Imhof. «Dass nun Kanada an der WM spielt, kann allen Kindern ein Ziel geben. Es kann ihnen zeigen, dass es tatsächlich möglich ist, es von Kanada aus bis ganz nach oben zu schaffen. Das war etwas, was meiner Generation damals gefehlt hat.» Nur schon deshalb sei die Teilnahme am Turnier in Katar enorm wichtig.

Weil resultatmässig wenig zu holen war, standen für Daniel Imhof bei Reisen mit dem Nationalteam zwangsläufig die Erlebnisse im Vordergrund – und solche machte er reichlich. «In Guatemala wurden die Spiele immer zur heissesten Zeit des Tages angesetzt, wenn es wie in der Sauna war», erinnert sich Imhof. «In einigen Ländern bewarfen die Zuschauer uns mit Flaschen und anderen Gegenständen, da spürtest du einen richtigen Hass auf dich. Und die Schiedsrichter pfeifen in so einer Atmosphäre alles gegen dich, die lassen sich total davon beeindrucken.»

Die St. Galler Spieler lassen sich am Sonntag, 21. Mai 2000, nach dem gewonnenen Meistertitel von ihren Fans feiern. (KEYSTONE/Regina Kuehne) === ELECTRONIC IMAGE ===
Mit dem FCSG wird Imhof (Zweiter von links) im Jahr 2000 sensationell Meister.Bild: KEYSTONE

Imhof regte an, auf gleiche Weise zu kontern. «Ich sagte immer: Wir müssten unsere Heimspiele an den kältesten Orten austragen, um es dem Gegner schwierig zu machen.» Die aktuelle Verbandsspitze hatte den gleichen Einfall. In der Qualifikation für Katar empfing man Mexiko im November 2021 in Edmonton, wo Schnee lag und es -15 Grad kalt war. «Das war für die Mexikaner sicher nicht einfach», sagt Imhof und lacht. Kanada gewann die wegweisende Partie mit 2:1.

Begegnungen mit CR7 und Maradona

Schöner als in Guatemala war im Mai 2002 ein Freundschaftsspiel im St.Galler Espenmoos, «seinem» Stadion. Imhof und Kanada schlugen die Schweiz mit 3:1. «Dieser Sieg gehört definitiv zu den schönsten Erinnerungen im Nationalteam», bestätigt Imhof. Er habe auch gegen Portugal mit Cristiano Ronaldo spielen dürfen und am Gold Cup 2002, an dem Kanada Rang 3 erreichte.

Ganz besonders war 2010 auch sein letztes Länderspiel. In Argentinien verlor Kanada zwar mit 0:5, dennoch spricht Imhof von einem tollen Erlebnis. «Eigentlich hatte ich meinen Rücktritt gegeben, aber sie haben mich überredet, noch einmal ein Spiel zu machen. Ich kam direkt aus den Ferien, traf das Team in Buenos Aires und bin sehr froh, dass ich das gemacht habe.»

Bildnummer: 05954920 Datum: 24.05.2010 Copyright: imago/Xinhua
BUENOS AIRES, - Argentina s Angel di Maria (R) fights with Daniel Imhof of Canada during their friendly match held in Buenos Aires, Argen ...
Das letzte Länderspiel war eines der schönsten: Imhof gegen Argentiniens Angel Di Maria.Bild: imago

Kein Wunder: Trainer der Argentinier war Diego Maradona, die Gegenspieler hiessen Gonzalo Higuain, Carlos Tevez, Angel Di Maria, Sergio Agüero oder Martin Palermo. Nur Lionel Messi fehlte, weil er angeschlagen für die WM geschont wurde. «Das war wirklich eine super Erfahrung», gerät Imhof trotz der hohen Niederlage ins Schwärmen.

Ob dieses letzte das 36., 37. oder 39. Länderspiel war – wen kümmert das schon?

Besucher aus der Schweiz
In Smithers führt Daniel Imhof ein Sportgeschäft und vermietet Touristen eine Lodge. «Ich lernte schon einige St.Gallen-Fans kennen, die auf Durchreise waren und in meinen Laden kamen. Es freut mich stets, wenn sich jemand an mich erinnert.»

Imhof engagiert sich zudem stark in einer Fussballschule vor Ort. «Würden wir anderswo leben, würde ich das am liebsten beruflich machen», sagt er. Hat er schon den nächsten Nationalspieler aus dem kleinen Ort entdeckt? «Ich arbeite daran», sagt Imhof und lacht. «Es gibt schon einige, die Potenzial haben. Mein 13-jähriger Sohn ist recht begeistert vom Fussball und träumt von einer Karriere.»
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